Lytro Illum

Christian / Rezession / / 0 Kommentare / 1

Vor etwa zwei Jahren habe ich zum ersten Mal von der Lytro Illum gehört, die es ermöglicht, den Schärfepunkt der Fotos im Nachhinein festzulegen. Lichtfeldfotografie nennt sich das Ganze. Meine Neugier war geweckt und so konnte ich nicht nein sagen, als mir der deutsche Vertrieb ein Modell der zweiten Generation für einen unverbindlichen Test angeboten hat.

Design

Schon als ich die ersten Produktfotos gesehen habe, war mir klar, dass bei der Lytro Illum das Design ganz weit im Vordergrund steht. Der abgeschrägte Body und das markante, fest verbaute Objektiv verleihen eine individuelle Note. Dazu passen die wenigen sichtbaren Bedienelemente. Von allen Seiten ein echter Hingucker!

Die Lytro Illum sieht nicht nur klasse aus, sie fühlt sich auch richtig gut an. Der Body aus Magnesium und Aluminum macht einen wertigen Eindruck. Die Tasten haben einen spürbaren, angenehmen Druckpunkt. Die Objektivringe haben eine Silikonummantelung und weisen beim Drehen einen angenehmen Widerstand auf. Das schwenkbare Display ist stabil, ebenso wie die Abdeckung des Kartenschachts bzw. der Datenschnittstellen. Da gibt es wirklich gar nichts zu meckern.

 

Kleine Unterschiede

Der Sensor einer Lichtfeldkamera erfasst nicht nur die Position und Intensität sondern auch die Einfallrichtung eines Lichtstrahls. Somit liegen weitere Bildinformationen vor, die für die nachträgliche Tiefenschärfung erforderlich sind. Möglich macht dies alles ein Gitter aus mehreren Mikrolinsen vor dem Bildsensor.

Aufgrund dieser Technologie wird bei Lichtfeldkameras die Auflösung nicht in Megapixeln, sondern in Megarays angegeben. Der Sensor der Lytro Illum bringt es auf 40 Mio. dieser Megarays, was nach viel klingt und riesige Datenmengen erzeugt (dazu später mehr).

Anders als andere Kameras besitzt die Lytro Illum keine Blendenautomatik. Wozu auch, die Tiefenschärfe kann ja jederzeit nachträglich an der Kamera oder am Rechner nachjustiert werden. Stattdessen besitzt die Lytro Illum eine ISO-Automatik, an die ich mich schnell gewöhnt habe.

Eine größere Umstellung stellt das Tiefenhistogramm dar, welches über die sogenannte „Lytro-Taste“ aufgerufen werden kann. Dieses stellt mit orange-blauen Balken dar, in welchem Bereich das Bild später scharf gestellt werden kann.

 

Fotografieren

Fotografieren mit der Lytro Illum ist eigentlich ganz einfach. Wer schon mal mit einer Digitalkamera fotografiert hat, sollte keine Probleme haben. Die Lytro Illum lässt sich intuitiv bedienen. Alle Menüpunkte sind über den gut funktionierenden Touchscreen leicht auffindbar und erklären sich überwiegend von allein. Super, so muss es sein.

Gewöhnungsbedürftig ist für mich der fehlende optische Sucher. Zwar entfällt der Fokusiervorgang und durch den schwenkbaren Touchscreen muss ich bei außergewöhnlichen Perspektiven nicht mehr auf dem Boden rumkriechen. Dennoch habe ich den digitalen Sucher nicht liebgewonnen. Dies allem, weil die Kamera beim schnellen Zoomen das Bild auf dem Display nachzieht und es gefühlte Sekunden dauert, bis der richtige Bildausschnitt erscheint. Vom Vorhaben, ein Fußballspiel meines Sohnes zu fotografieren, habe ich mich schnell verabschiedet. Dazu sind die Jungs zu schnell…

Etwas Übung erfordert der Umgang mit dem Tiefenhistogramm. Bei mir hing dieses anfangs zusammengequetscht am oberen Rand. Erst nach einigen Versuchen ist es mir gelungen, einen größtmöglichen Schärfebereich zu erzielen. Denn auch die nachträgliche Fokusierung hat ihre Grenzen. Eine Schärfung vom Nahbereich bis in die weiter Ferne ist nicht möglich. Dies führte dazu, dass bei meinen ersten Aufnahmen anstelle spektakulärer Fotos eine unscharfe Grütze rauskam. Nach kurzer Zeit hatte ich dieses Problem nicht mehr.

Zuletzt muss eines gesagt sein … bei längeren Foto-Sessions ist das Design ein großer Nachteil. Der abgeschrägte Body und das verhältnismäßig große Objektiv liegen auf Dauer nicht sonderlich gut in der Hand. Ergonomisch ist anders.

 

Nachbearbeitung

Während man bei konventionellen Digitalkameras drüber die Notwendigkeit der Nachbearbeitung diskutieren kann, ist diese bei der Lytro Illum quasi Pflicht. Die Festlegung des Fokuspunktes funktioniert zwar auch auf dem Touchscreen, für andere Funktionen  benötigt man allerdings die kostenlos erhältliche Software „Lytro Desktop“. Diese zeigt auffällige Ähnlichkeiten zu „Lightroom“. Die wichtigsten Regler finden sich auch bei Lytro wieder und sind sogar identisch benannt. Alles in allem keine große Umstellung für mich. Für mich ein deutlicher Wermutstropfen … über die Farbregler lässt sich die Sättigung, nicht aber die Luminanz einstellen. Dies vermisse ich schmerzlich, da sich über die Luminanz der Orangetöne die Helligkeit der Haut sehr schön steuern lässt. Auch einen Korrekturpinsel gibt es nicht.

Eine zentrale Funktion ist die nachträgliche Tiefenschärfung des Bildes. Diese beschränkt sich nicht nur auf die Festlegung des Fokuspunktes. Es ist auch möglich, eine größere oder kleinere Blende zu wählen. Die Kamera fotografiert grundsätzlich mit Blende 2,0. Durch das Bildbearbeitungsprogramm kann die Blende von 1,0 bis 16,0 geregelt werden, d. h. von butterweich bis nahezu durchgängig scharf. Somit kann der gesamte Look des Bildes verändert werden und zwar in beide Richtungen!

Hier mal ein kleines Beispiel — erstaunlich, was da geht…

Allerdings lässt die Performance der Software zu wünschen übrig. Die Bearbeitung der Bilddateien verläuft sehr ruckelig. Dies, obwohl meine Hardware nicht von schlechten Eltern ist und ich – im Gegensatz zu einigen anderen – mit der Performance von Lightroom keinerlei Probleme habe. Der Grund dafür ist sicherlich die enorme zu verarbeitende Datenmenge. Im Schnitt ist eine Bilddatei 60 MB groß, exportiert man diese auf die Festplatte, werden diese bis zu 150 MB goß. Da hat der Prozessor einiges zu tun und die Bildbearbeitung wird zur echten Spaßbremse.

Die enorme Größe der Bilddateien schlägt sich natürlich auch bei deren Import zu Buche. Dieser dauert gefühlt ewig und ich mag gar nicht dran denken, mit welcher Wartezeit der Import einer kompletten Hochzeitsreportage o. ä. verbunden wäre. Ärgerlich finde ich auch, dass nach dem ersten Import für alle (!) Bilder ein Übertragungsfehler angezeigt wurde. Dies, weil die Synchronisierung der Kameradaten nicht aktiviert war. Also wieder die SD-Karte in die Kamera rein, die Synchronisierung durchgeführt und anschließend die Karte an den Rechner und wieder warten. Der Fehler war weg, einen Unterschied zu vorher konnte ich aber nicht feststellen.

Auf einer Plattform namens „Living Pictures“ bietet Lytro den Nutzern die Möglichkeit, ihre eigenen Bilder kostenlos zu präsentieren. Ich habe dies nicht ausprobiert. Wer aber Gefallen an den Möglichkeiten der Lichtfeldfotografie findet, könnte hieran viel Freude haben und viele Stunden mit Herumstöbern verbringen. Ich bin da eher ein Freund des gedruckten Bildes. Zwar bietet die Lytro-Software eine entsprechende Exportmöglichkeit, allerdings haben diese Bilder gerade einmal eine Auflösung von etwa 4 Megapixel. Damit kommt die Qualität bei weitem nicht an handelsübliche Digitalkameras heran. Dies stört mich insbesondere bei Portraits, bei denen ich in aller Regel auf die Augen fokusiere und diese ggf. etwas nachschärfe.

Mein persönliches Fazit

Ohne Zweifel stellt die Lichtfeldfotografie eine wirkliche Neuerung dar. Die Ergebnisse sind beachtlich, erfüllen aber sicherlich noch keine Profiansprüche.

Wer sich dennoch für die Lichtfeldfotografie interessiert, sollte sich im Klaren sein, dass auch diese ihre Grenzen hat. So bleiben Bereiche außerhalb des Tiefenhistogramms auch bei der nachträglichen Bearbeitung unscharf. Andererseits gibt es bei Aufnahmen mit großer Schärfentiefe nichts zu refokussieren, weil bereits alles scharf ist. Die größte Wirkung erzielen daher gestaffelte Motive, denen Einzelobjekte sich nicht zu weit entfernt sind. Der Bildaufbau erfordert somit ein gewisses Arrangement. Spontane Portraits sind mir nicht gelungen, was aber an der fehlenden Übung liegen mag.

Bei der Nachbearbeitung stören mich vor allem die fehlenden Funktionen und die Performance der Software. Diese resultiert meines Erachtens aus den riesigen Dateien, die wiederum in keinem Verhältnis zur Qualität des gedruckten Bildes stehen.

Ich habe mich über die Möglichkeit gefreut, die Lytro Illum auszuprobieren. Allerdings habe ich festgestellt, dass diese nicht unbedingt zu meinen Anwendungsbereichen passt. Zudem habe ich nach einiger Zeit den Spaß an der nachträglichen Tiefenschärfung verloren. Trotzdem bleibt die Lichtfeldfotografie ein spannendes Thema und ich bin neugierig, ob sich diese Technik in Zukunft weiter durchsetzen wird.

Datenblatt

Für neugierige Nerds gibt es hier noch ein Datenblatt zur Lytro Illum.

Lytro-ILLUM_Datenblatt.pdf

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